22 Aug 2013 1 Comment
Übergänge erleichtern

Foto: Ze Clou/Flickr
Obwohl in einem Monat Bundestagswahl ist, ist das Thema Bildung im Wahlkampf erstaunlich wenig präsent. Das wollen wir ändern: Wir haben die Parteien zu ihren Vorstellungen für das Bildungssystem befragt und präsentieren euch die Antworten in 4 Teilen. Wir beginnen mit dem Themenkomplex „Übergänge erleichtern“ und kommentieren auch, wie wir uns die jeweiligen Übergänge vorstellen.
Bildung beginnt nicht erst in der Schule!
Frage: Mit welchen Maßnahmen wollen Sie die frühkindliche Bildung und den Übergang von Kita zu Schule fördern? Was halten sie von dem Vorschlag, die frühkindliche Bildung kostenfrei und verbindlich zu gestalten?
Die SPD möchte gleiche Startchancen für alle gewährleisten. Deshalb hat sie den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz ab einem Jahr durchgesetzt und möchte diesen zu einem Rechtsanspruch auf Ganztagsbildung und –betreuung weiterentwickeln. Mit einem Stufenplan soll ein flächendeckendes Angebot von Ganztagskitas und Ganztagsschulen entstehen. Kitas sind für die SPD frühkindliche Bildungseinrichtungen, die zu Familienzentren weiterentwickelt werden sollen. Bildung soll im gesamten Bildungsverlauf gebührenfrei sein.
Die CDU/CSU setzt sich für Sprachtests für Kinder ab drei Jahren ein. Bei Defiziten soll über gezielte Sprachförderung ausgeglichen werden, wo es gut läuft, da „bedarf es daher keiner weiteren, das Erziehungsrecht der Eltern beschränkenden Regelungen.“ Für die CDU/CSU reicht die bisherige Regelung, dass das letzte Kindergartenjahr fast überall beitragsfrei und ärmere Familien generell von den Kindergartengebühren befreit sind, aus.
Für die FDP ist der Schlüssel zur frühkindlichen Bildung die Beherrschung der deutschen Sprache. Deshalb hat die FDP das Förderprogramm „Schwerpunkt Kita Sprache & Integration“ für über 4000 Kitas in sozialen Brennpunkten aufgelegt. Ab 2014 ist ein bundesweites European-Social-Fund-Programm für Familienkitas in sozialen Brennpunkten geplant.
Die GRÜNEN fordern einen Ausbau und die Verbesserung der frühkindlichen Bildung und Betreuung. Konkret wollen sie ein Sofortprogramm für alle Kommunen mit überdurchschnittlichem Bedarf in der Kindertagesbetreuung auflegen, den Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung ausweiten, die Qualität der Kitabetreuung sowie Sprachbildung generell stärken.
Für die LINKE darf Bildung nicht vom Geldbeutel abhängen, daher kämpft die Linke für die Abschaffung jeglicher Gebühren im öffentlichen Bildungssystem. Dazu gehören auch gebührenfreie Kitas. „Allen Kindern muss von Anfang an ganztägig das gemeinsame Spielen, Lernen und Leben mit anderen Kindern in Kitas ermöglicht werden.“ Kooperationen zwischen Kitas und Schulen sowie mit anderen Bildungseinrichtungen vor Ort sollen unterstützt werden. Erzieher_innen sollen bei ihrer wichtigen Arbeit durch entsprechende Rahmenbedingungen unterstützt werden.
Was bildet ihr uns ein? meint: Eine bedarfsdeckende, qualitativ hochwertige und gebührenfreie Deckung mit Angeboten frühkindlicher Bildung ist überfällig. Es muss für Kinder aller sozialen Schichten möglich sein, ihre Kinder betreuen und fördern zu lassen.
Eine Million junge Arbeitslose bei gleichzeitig freibleibenden Ausbildungsplätzen darf nicht sein!
Frage: Mit welchen Maßnahmen sollte der Übergang zwischen Schule und Beruf verbessert werden? Warum gibt es gleichzeitig eine hohe Jugendarbeitslosigkeit und freibleibende Ausbildungsplätze und wie kann man dieses Missverhältnis beheben?
Für die CDU/CSU haben wir „…zurzeit die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in Europa.“ Sie will die praxisnahe Berufsorientierung in allen Schulformen weiter ausbauen und mehr Angebote für praktisches Lernen schaffen. Auch längere berufsvorbereitende Praktika für schwächere Jugendliche können für die CDU/CSU einen wichtigen Beitrag leisten. Mit der „begleiteten Ausbildung“ will sie eine Brücke zwischen Ausbildungsbetrieb und Auszubildenden schlagen.
Die SPD sieht die Berufsausbildung als gleichwertig zur Hochschulbildung an. Sie fordert eine Ausbildungsplatzgarantie und möchte über von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden getragene Ausbildungsfonds das Angebot betrieblicher Ausbildungsplätze erhöhen. Für junge Erwachsene ohne Ausbildung will die SPD ein Sofortprogramm „2. Chance auf Berufsausbildung” auflegen, das mit passgenauen Instrumenten auf die speziellen Lebenslagen der jungen Menschen reagiert und sie zum Ausbildungsabschluss führt. Das Nachholen eines Schulabschlusses soll finanziell gefördert werden.
Für die Grünen schaffen zu wenige Jugendliche den Sprung in eine betriebliche Ausbildung und zu wenige Unternehmen beteiligen sich. Mit DualPlus wollen sie das Berufsausbildungssystem so weiterentwickeln, dass alle Ausbildungsinteressierten einen anerkannten Berufsabschluss erwerben können. „Das erfolgreiche duale Ausbildungsprinzip behalten wir bei, Berufsschule und Betriebe sollen darüber hinaus um überbetriebliche Lernorte ergänzt werden.“ Es sollen „schrittweise in berufs- und länderübergreifend anerkannte, aufeinander aufbauende Ausbildungsbausteine“ entstehen.
Die LINKE verweist ebenfalls auf die mangelnde Beteiligung von Betrieben an der Berufsausbildung. Sie will jungen Menschen einen möglichst direkten Weg in den Beruf eröffnen und fordert einen Rechtsanspruch auf Berufsausbildung. Für die Finanzierung der Ausbildung fordert die Linke eine Ausbildungsumlage, an der sich alle Unternehmen einer Branche beteiligen. Berufliche Erstausbildung muss für alle Ausbildungsformen gebührenfrei sein, die Rahmenbedingungen müssen tarifvertraglich geregelt und eine Ausbildungsvergütung muss gezahlt werden.
DIE LINKE fordert dazu ein Sofortprogramm für alle, die bisher noch keine Ausbildung abschließen konnten.
Für die FDP ist die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland mit 6,5% die niedrigste in ganz Europa. Für die FDP liegt der Schwerpunkt auf der Stärkung der Ausbildung. In ihrer Antwort zählt die FDP lediglich auf, was sie schon erreicht hat.
Was bildet ihr uns ein? meint: Werden junge Menschen arbeitslos, wird ihnen jegliche Perspektive genommen. Deshalb müssen alle jungen Menschen die Ausbildung erhalten, die sie sich wünschen und die zu ihnen passt. Ein Rechtsanspruch, zusammen mit einer stärkeren Kooperation zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften sowie die unbedingte Gebührenfreiheit und Zahlung einer bedarfsdeckenden Ausbildungsvergütung sind wichtige Grundvoraussetzungen. Das Problem der Jugendarbeitslosigkeit sollte von der Politik ernster genommen werden als bisher.
Die im Berufsleben erworbenen Erfahrungen sind vielfältige und wertvolle Kompetenzen, die auch zur Aufnahme eines Studiums qualifizieren!
Frage: Wie sollte die Möglichkeit, ohne Abitur zu studieren, konkret geregelt sein, um diesen Weg nicht wie bisher nur als absolute Ausnahme zu erlauben?
Die Grünen weisen darauf hin, dass der Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte bereits erfolgreich geregelt ist, räumt aber ein, dass mehr Studienplätze, mehr Werbung und mehr Betreuung dieser Zielgruppe gebraucht werden.
DIE LINKE will sich dafür einsetzen, die Hochschulen zu öffnen und die Zugangs- und Zulassungsbeschränkungen zu lockern.
Die FDP erklärt, dass in allen Bundesländern ein Studium ohne Abitur möglich ist. Ein Problem mit dem Zugang stellt ihrer Ansicht nach vor allem die geringe Anzahl an Studienplätzen dar, der sie jedoch bereits mit dem Hochschulpakt begegnen.
Die SPD gibt an, dass sie sich generell dafür einsetzen will, dass Barrieren abgebaut werden und jeder ein Recht auf passgenaue Bildungsmodelle hat. Sie stellt sich ein lebensbegleitendes Bildungssystem vor, das berufliche und akademische Bildung flexibler und besser miteinander kombinierbar macht.
Die CSU weist ebenfalls darauf hin, dass der Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte bereits geöffnet ist und sich ihre Zahl bereits verdoppelt hat. Sie fördere diese bereits mit Aufstiegsstipendien und verweist darauf, dass für die Mehrheit der beruflich Qualifizierten ein Studium gar nicht attraktiv wäre.
Was bildet ihr uns ein? meint: Die Tatsache dass beruflich Qualifizierte immer noch vor einer Vielzahl an Barrieren stehen, scheinen vor allem die Parteien der amtierenden Regierung nicht wahrnehmen zu wollen. Es fehlt nicht nur an einem Bewusstsein für die konkreten Probleme beruflich qualifizierter Studierender, es fehlt auch an Ideen für die Zukunft. Das kann uns als junge Generation nicht genug, sein, denn wo es keine Visionen gibt, wird es auch keine Veränderungen geben.
23. August 2013 @ 11:29
Man sollte frühkindliche Bildung nicht mit frühkindlicher Reifung (insbesondere des Gehirns) verwechseln. Niemand kann sich an die ersten 3 Lebensjahre konkret erinnern, da dort sehr komplexe Prozesse der neuronalen verarbeitung ablaufen.
So toll sind Krippen für 0 – 3jährige Kleinstkinder deshalb nicht, für die seltsamerweise linke und gewerkschaftsnahe Parteien als auch Wirtschaftslobbyisten (Arbeitgeberpräsident HUNDT; Präsident von Gesamtmetall DULGER) wie wild trommeln: „Befreit die Mütter von ihren Kindern und fesselt sie an die Maschinen“
Nicht nur die Familie, sondern vorallem die Schwächsten, die Kinder, werden möglicherweise ernste Probleme bekommen und damit die Zukunft unseres Volkes (Siehe auch in den hierzulande weitgehend unbekannten Studien z. B. von Prof. Annica Dahlström, Uni Göteborg: Innerhalb der letzten 15 – 20 Jahre einen Anstieg psychischer Erkrankungen bei schwedischen Mädchen um 1000 Prozent (Depressionen um 500 Prozent; Suizidrate finnischer Mädchen ist die höchste in Europa):
Die Krippe scheint vielmehr eine Einrichtung zum Wohlergehen von Erwachsenen zu sein, denn ein bezüglich der sehr frühen Krippenaufbewahrung nicht ausreichend beachtetes Problem (neben zu erwartender erhöhter Stresshormonausschüttung infolge „learned helpnessless“ und Wachstumshormonmangel infolge reduziertem Langsamen-Wellen-Schlaf in der Krippe mit beachtlichen negativen Problemen bezüglich Gehirnreifung) ist die mögliche Störung bzw. Verzögerung der frühkindlichen Sprachentwicklung zu befürchten. Mangelnde primäre (besonders 0 – 1,5 Jahre) frühkindliche Sprachentwicklung hat oft die Folge von Lese- und Rechtschreibstörungen und letztlich ungünstiger kognitiver Entwicklung. [Auch Migrantenkinder müssen das basale Denken in der jeweiligen Muttersprache beginnen zu lernen].
Dadurch ist zu befürchten, dass der wichtigste Schatz, den Deutschland besitzt, nur ungenügend sprachlich und kognitiv entwickelt vorliegen wird. (Siehe Ärztereport der Barmer Ersatzkasse vom Januar 2012 mit bereits jetzt schon ca. 40% sprachgestörten Kindern im Alter von 5 – 6 Jahren (Gründe: Zunahme Tagesmütter: 2006 ca. 14%, bereits 2010: 23%;; enorme Lärmpegel in Kitas); logopädische Behandlungskosten etwa 1 Milliarde Euro).
Warum heißt es Muttersprache und nicht Vatersprache?
Bereits ab der 20. Gestationswoche hört der Foet im Mutterleib flüssigkeitsangekoppelt die Mutterstimme und ist nach der Geburt massiv darauf fixiert, sodass eine längere (max. bis zu 3 Jahren) dyadenspezifische Beziehung zwischen diesen beiden Personen notwendig ist, zumal in diesem Zeitraum zumindest zwei kürzere Phasen besonders begierigem Sprechlernen des Kleinkindes individuell verschieden auftreten (siehe Buch: „Vergewaltigung der menschlichen Identität. Über die Irrtümer der Gender-Ideologie, 3. Auflage, Logos-Verlag, Ansbach, 2013)